Wo steht Deutschland? – 15 Jahre UN-Behindertenrechtskonvention

In der WELT auf Platz 35, eine beschämende Position, für eines der reichsten Länder dieser Erde.

SOD-Präsidentin Christiane Krajewski fordert Bund, Bundesländer, Sportvereine und Kommunen auf, dauerhaft Verantwortung für den Sport von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung zu übernehmen. Aktuelle Studie belegt Defizite in der Gesellschaft. 

 „Die Special Olympics World Games 2023 in Berlin haben den Sport von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung in der Gesellschaft sichtbarer gemacht. Diese Spiele haben unseren Athletinnen und Athleten ohne Zweifel Rückenwind gegeben. Doch jetzt, mehr als ein Jahr danach, müssen wir feststellen, dass diese positive Entwicklung nur verstetigt werden kann, wenn alle Akteure sich noch stärker für die nachhaltige Wirkung einsetzen. Es sind weiterhin zu viele strukturelle Defizite, die Menschen mit geistiger Beeinträchtigung das Sporttreiben erschweren“, erklärt die Präsidentin von Special Olympics Deutschland, Christiane Krajewski. 

Es gebe zwar in Vereinen tolle Initiativen, um Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung das Sporttreiben zu ermöglichen, aber das sei nicht flächendeckende Normalität. Sie beklagt, dass bundesweit umfassende Sportangebote, der Zugang zu Sportstätten sowie Transportmöglichkeiten für die Betroffenen immer noch fehlen. 

„Unsere Athletinnen und Athleten sollen eine Wahlmöglichkeit haben, welchen Sport sie treiben möchten. Sie verdienen mehr Akzeptanz in den Vereinen. Das fängt schon damit an, dass sie entsprechende Trainingszeiten für Sportstätten bekommen. Wir müssen gemeinsam mit den Kommunen und Vereinen ein Leistungs- und Unterstützungsnetzwerk aufbauen“, so Christiane Krajewski. 

„Seit 15 Jahren gibt es die UN-Behindertenrechtskonvention, die Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen soll. Anlässlich dieses Jubiläums sind der Bund, die Bundesländer, Vereine und Kommunen aufgerufen, mehr Verantwortung für den Sport von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung zu übernehmen“, fordert die SOD-Präsidentin. 

Sie erwartet, dass sich die Kultusministerkonferenz stärker als bisher mit dem Sportunterricht an den Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung beschäftigt und untersucht wird, wie die Situation vor Ort ist. Für die Regelschulen muss das Thema inklusiver Sportunterricht stärker als bisher auf die Tagesordnung.

Die Sozialministerkonferenz ist aus Sicht von Christiane Krajewski gefordert, für mehr Barrierefreiheit in der Gesellschaft zu sorgen: „216 Kommunen haben am Host Town Program der Weltspiele teilgenommen und mehrere Tage internationale Gäste aufgenommen. Sie haben Netzwerke aufgebaut und sich intensiv mit dem Thema Inklusion beschäftigt. Dieses Engagement muss vom Bund und von den Ländern weiter unterstützt und gefördert werden.“ 

„Damit wir unseren Aufgaben gerecht werden können, brauchen unsere Special Olympics Landesverbände mehr Unterstützung auf Landesebene. Unsere Expertinnen und Experten können die Kommunen sehr gut beim Thema Inklusion beraten und gemeinsam mit ihnen Dinge weiter entwickeln. Doch dazu benötigen sie eine verlässliche Finanzierung. Das ist unabdingbar“, erklärt die SOD-Präsidentin.

Eine aktuelle Studie der Deutschen Hochschule für Gesundheit & Sport in Berlin untermauert die Einschätzung, dass die Special Olympics World Games eine große Strahlkraft hatten, aber die Wirkung nur nachhaltig ist, wenn jetzt weiter intensiv an der Schaffung von inklusiven Strukturen gearbeitet wird. Ansonsten droht der Effekt zu verpuffen. Ein Team unter Leitung von Prof. Wolfgang Ruf hat die gesellschaftlichen Auswirkungen der Weltspiele untersucht und dazu vor, während und fünf Monate nach den Spielen Befragungen durchgeführt.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung die Teilhabemöglichkeiten in der Gesellschaft und im Besonderen im Sport nach wie vor nicht ausreichend sind. Zwar haben sich Sportvereine für diese Menschen geöffnet. Doch die Vereine brauchen mehr gut ausgebildete Trainerinnen und Trainer, um diese Sportlerinnen und Sportler einbeziehen und Kompetenzen an diese abgeben zu können. 

Mit Blick auf die Zukunft hat das Studienteam eine ganze Reihe von Handlungsempfehlungen für Politik, Sportvereine, Organisationen der Behindertenhilfe und Schulen erarbeitet. Ganz oben steht dabei das Thema Partizipation von Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung. Wenn im Verein etwas Neues geplant wird, dann müssen diese von Anfang an einbezogen und gehört werden. Die Wissenschaftler schlagen außerdem vor, die seit den Special Olympics World Games bestehenden Netzwerke in den Kommunen zu pflegen, sich untereinander auszutauschen und dabei immer mehr Akteure wie Organisationen der Behindertenhilfe, Schulen und Sportvereine einzubeziehen.